| Liebe, Wahrheit, Loyalität "Dinosaurierfedern" von Sissel-Jo Gazan
Taenia  solium, der  Schweinebandwurm, ist eine  äußerst wirkungsvolle Mordwaffe. Das führte   P.M. Carlson in ihrem Krimi Grabes Stimme bereits 1996 vor. Auch die  Dänin Sissel-Jo Gazan greift in ihrem 2009 in Deutschland erschienen Krimidebüt  Dinosaurierfedern zu dieser extravaganten Mordmethode. Außerdem haben einige  ihrer Protagonisten bizarren Sex. Damit bietet Gazan zwei notwendige, aber  keinesfalls hinreichende Zutaten für einen spannenden Krimi.Die  verhandelte Frage lautet: Sind Vögel Dinosaurier, oder haben Vögel und  Dinosaurier lediglich gemeinsame Vorfahren? Das ist das Diplomthema der  Hauptfigur Anna Bella, die sich auf ihr Examen vorbereitet, während zwei  Angehörige des Zoologischen Instituts der Universität Kopenhagen sterben. Weil  einer der Toten Anna Bellas Hauptgutachter ist, gerät sie unter Mordverdacht  und ihr Examenstermin in weite Ferne...
 
  Gazan  stellt ihre Hauptperson und den ermittelnden Kommissar in ein (fast zu) großes  Emsemble von FreundInnen, KollegInnen  und KontrahentInnen, die alle einen eigenen Aktionsraum erhalten. Diese  Aktionsräume sind durch die ethischen Kategorien Liebe, Wahrheit und  Loyalität (und deren Verletzung) bestimmt.  Weil Sissel-Jo Gazan eine kluge und handwerklich gute Erzählerin ist, schafft  sie zweierlei: Sie führt ihr vielköpfiges Personal so, daß der Spannungsbogen  immer da ist. Ohne Larmoyanz und süßliche Idyllik zeigt sie, daß ethisches und  unethischen Handeln ihres Personals immer ganz dicht beieinanderliegen. Liebe,  Wahrheit und  Loyalität verhelfen nicht  automatisch dazu, daß Leute ein leichteres Leben haben oder sich auch nur  besser fühlen. Gazans Mörder überschreiten die rote Linie nur einmal, das dann  aber mit katastrophalen Folgen. Der Kommissar ist kein tumber Tor, obwohl er  den Fall nicht löst. Anna Bella lädt nicht per se zur Identifikation ein.Dinosaurierfedern wird als Wissenschaftskrimi beworben, was er zweifellos auch ist. Ohne  Faktenhuberei vermittelt uns die studierte Biologin Gazan umfangreiches Wissen  über die Anatomie von Flugsauriern und Urvögeln, die Verteilung von  Forschungsmitteln und wissenschaftstheoretische Fragestellungen. Ein  sorgfältigeres Lektorat hätte dem Text jedoch Anmerkungen oder ein Glossar  beigegeben. So wären wir bereits beim Lesen informiert gewesen, daß es sich  z.B. bei den häufig vorkommenden „Vertebraten“ nicht um eine Spezialität der  dänischen Küche, sondern um Wirbeltiere (Vertebrata) handelt.
 
 Dinosaurierfedern ist von einer  Qualität, die wünschen läßt, daß Sissel-Jo Gazan dem Kriminalroman treu bleibt.
 
 Vielen Dank an Dr. Kerstin Herbst aus Berlin
 © März 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
 
 
 
                  
 
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