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„Der  Feind im Schatten“ ist Henning Mankells Abschied von Kurt Wallander – nicht der  stärkste Wallander aller Zeiten, aber ein Abschied in Würde.
          
        18 Jahre und zehn  Bücher später kehrt der Kommissar noch einmal zurück: Kurt Wallander,  inzwischen sesshaft im eigenen Haus auf dem Land, Hundebesitzer und Großvater,  hat eigentlich gar keine Lust, zum Geburtstag des Schwiegervaters in spe seiner  Tochter Linda zu fahren. Doch da er im Job gerade kaltgestellt ist – er hat  seine Waffe in der Pizzeria vergessen -, scheint die Feier im feinen  Stockholmer Vorort Djursholm eine willkommene Abwechslung zu sein. Der  ehemalige U-Boot-Kommandant Håkan van Enke zeigt sich auf seinem Fest  erstaunlich mitteilsam gegenüber Wallander und weiht ihn in ein  politisch-militärisches Drama ein, das mehr als 20 Jahre zurückliegt, als der  Kalte Krieg noch eine reale Bedrohung darstellte. Kurz darauf ist van Enke  spurlos verschwunden. Auf Bitten seiner Tochter nimmt sich Wallander, noch  immer vom Dienst suspendiert, parallel zur Stockholmer Polizei des Falls an.  Bald darauf verschwindet auch Louise van Enke, Håkans Frau. Einige Zeit später  wird sie tot aufgefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin, doch so recht mag  Wallander nicht daran glauben. Er forscht weiter und dringt immer tiefer in die  Familiengeheimnisse der van Enkes aber auch in militärische Geheimnisse ein.
            
          Kurt Wallander gibt sein Abschiedsspiel
            
          Vordergründig geht es  in „Der Fein im Schatten“ um Spionage, Landesverrat und ein falsches Spiel, das  mit Wallander betrieben wird. Natürlich klärt Wallander am Ende den Fall, auch  wenn es das ein oder andere Fragezeichen noch geben mag. Doch eigentlich ist  „Der Feind im Schatten“ ein einziger, langer Epilog. Kurt Wallander nimmt  Abschied. Immer wieder tauchen Personen aus der Vergangenheit auf, die  Wallander zwingen, sein Leben noch einmal Revue passieren zu lassen. Was war  gut, was war schlecht? Was hätte anders laufen können, wenn …? Wallanders  Ex-Frau Mona und Ex-Geliebte Baiba zwingen Wallander ebenso zu einer  Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit, wie es all die Toten tun, die  Wallander im Laufe seines langen Berufsleben hat mit ansehen müssen. Wallander  denkt aber auch an die Zukunft – und das mit Angst. Immer öfter wird er von  unheimlichen Gedächtnisverlusten und Black-Outs heimgesucht. Er weiß nicht  mehr, wo er ist, wohin er auf dem Weg ist und was er dort wollte. Er denkt an  seinen Vater und hat Angst vorm Älterwerden und Alleinsein. So ist „Der Feind  im Schatten“ nicht nur ein Maulwurf in den Reihen des schwedischen Militärs,  der in den 80ern vermeintlich für die Russen spioniert hat und bis heute nicht  identifiziert werden konnte, sondern der Feind im Schatten, der da lauert, das  ist auch die drohende Alzheimererkrankung Wallanders. Und so nebelverhangen wie  sich zuweilen Wallanders Landschaft Skåne zeigt, so verschwindet auch  Wallanders Erinnerungsvermögen die nahe Vergangenheit betreffend in einem immer  undurchdringlicher werdenden Nebel. Diese Nebelschleier und Nebelschwaden  hüllen Wallander immer mehr ein, sie durchziehen aber auch die gesamte  Geschichte, schlagen sich auf Wallanders Gemüt ebenso nieder, wie sie auf die  Erzählstimmung drücken. Die Dialoge – sonst von vitaler Schärfe und Realität  bei Mankells Wallander – wirken selbst distanziert, wie aus weiter Ferne  kommend, unnatürlich, hölzern und steif („Ich  und vor allem Hans wollen wissen, was du erreicht hast.“ „Ist er zu Hause?“ „Er  arbeitet. Ich habe ihn heute Morgen gescholten, weil er nie zu Hause ist. (…)“).  Ebenso untypisch wie ungenau sind die Zeitangaben, die Mankell macht: „Eines Nachmittags Anfang Juni (…)“. Hier  hätte früher das exakte Datum gestanden. Doch Sätze wie diese bewirken, dass  zum Geschehen eine größere Distanz entsteht. Es passt zum verborgenen  Untertitel des Romans, der vom Abschiednehmen, von der Demenz, dem Verschwinden  und von Undeutlichkeiten handelt. So ist es auch nur konsequent, wenn Mankell  nicht strikt im Präteritum erzählt, sondern auch Einschübe im Plusquamperfekt  macht („Wallander hatte gezögert.“).  Auch das betont das Vergangene mehr und vergrößert die – emotionale,  psychologische wie räumlich-zeitliche – Distanz zum Geschehen und es evoziert  ein Gefühl von Melancholie und Abschied, das sich über „Der Feind im Schatten“  legt.
              
            Der perfekte Abschluss
              
            Damit ist auch klar, dass Mankells Abschieds-Wallander  nicht im gleichen Maße wie frühere Bücher diese unverwechselbare,  charakteristische und für ein ganzes Genre und eine ganze Generation  Kriminalschriftsteller stilprägende absolute Nähe zur Gegenwart hat. „Der Feind  im Schatten“ hat auch nichts Beunruhigendes mehr an sich, wiewohl es um  Spionage zu Zeiten des Kalten Krieges und Überläufer geht. „Der Feind im  Schatten“ ist auch nicht im gleichen Maße von suggestiver Kraft wie  beispielsweise „Mittsommermord“. Die eigentliche Kriminalhandlung nimmt nie  richtig Fahrt auf und hat, trotzdem es um Spionage geht, zu keinem Zeitpunkt  die ebenfalls für Mankells Wallander charakteristische Internationalität. Kurz:  Man erkennt seinen alten Wallander kaum wieder, könnte enttäuscht sein und „Der  Feind im Schatten“ Mankells schlechtesten Wallander nennen. Doch das träfe die  Atmosphäre, die den Roman umgibt, nicht richtig, täte ihr Unrecht. Tatsächlich  nämlich ist „Der Feind im Schatten“ eben aufgrund der vermeintlichen Defizite  und Schwächen der perfekte Abschluss der Wallander-Dekaden. Die Rückblenden und  Verbindungen zu Geschehnissen und Personen aus vorangegangenen  Wallander-Romanen, das große Fazit, das Lebensresümee, das Wallander zieht, die  Schatten, die ihn umgeben und alles in Vergessenheit zu ziehen drohen, all das  bietet der unwiderruflich letzte Wallander und macht „Der Feind im Schatten“  noch mal zu einem Romansuite-Abschluss, der Zeichen setzt.
            
              Vielen Dank an Alexandra Hagenguth
© September 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
 "Der Feind im Schatten" von Henning Mankell
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Mit „Der Feind im Schatten“ verabschiedet sich Henning  Mankell nun, nach beinahe 20 Jahren, von Kurt Wallander. Und so müssen auch wir  Abschied nehmen von unserem Lieblingskommissar. Wie viele Rezensionen habe ich  schon gelesen, in denen die Rede davon war, dass die Rezensenten durch die  Wallander-Reihe Mankells erst zu Krimilesern wurden. Wie viele weitere gute  (aber auch schlechte) Schwedenkrimis wurden aufgrund der Wallander-Begeisterung  übersetzt und fanden immer neue Leser. Und wie oft hieß es schon, dies sei der  letzte Wallander. Hier ist er aber nun – leider!
            
        Ich kann nicht über Wallander schreiben wie über andere  Kommissare. Wallander ist mir nah, er ist mir vertraut und möglicherweise wird  sich in die folgenden Zeilen ein Hauch Wehmut, Pathos oder gar Sentimentalität  einschleichen. Liebe Leser, verzeihen Sie es mir!
        
        Auch für mich war mein erster Wallander-Krimi die Eröffnung  einer neuen Welt. Als begeisterte Leserin englischsprachiger Kriminalliteratur  bot sich mir mit Mankells „Die weiße Löwin“ auf einmal ein ganz anderes Bild:  Ein Krimi konnte gleichzeitig unterhalten, aber auch gesellschaftskritisch  sein. Ein Krimi war plötzlich vielschichtig geworden, und so nebenbei erfuhr  man viel über die schwedische Gesellschaft, hinter deren Schwedenhaus-Idylle  sich auch Abgründe auftun konnten.
        
        Wallanders „Feind im Schatten“ ist meines Erachtens wieder  nicht nur ein handwerklich gut gemachter (und gut übersetzter) Kriminalroman.  Er ist besonders eins: Ein Roman über das Älterwerden. Kurt Wallander ist nun  60 Jahre alt, hat eine Art Altersruhesitz am Meer erworben, sich einen Hund,  aber auch Diabetes zugelegt. Und er denkt viel an früher, an seine Ex-Frau,  Ex-Geliebt und Ex-Fälle. Er legt sogar eine Liste der Toten an, die er in seinem  Leben schon sehen musste, zerstört diese aber wieder, weil er selbst erkennt,  wie makaber diese Liste ist.
        
        Überraschend eröffnet ihm eines Tages seine Tochter Linda,  dass sie ein Kind erwartet. Der Kindsvater ist ein Finanzanalyst aus gutem  Hause. Sein Vater, ein ehemaliger U-Boot-Kommandant lädt Wallander zu seinem  75. Geburtstag ein und weiht ihn ein in weit zurückliegende militärische  Ereignisse. So sollen russische U-Boote einst in schwedische Hoheitsgewässer  eingedrungen sein. In dieser verzwickten Geschichte geht es um Spionage,  Landesverrat und ein falsches Spiel, das mit Wallander betrieben wird.
        Als eines Tages der U-Boot-Kommandant verschwindet und kurz  danach seine Frau ermordet aufgefunden wird, wird Wallander in etwas  hineingezogen, das kaum zu kontrollieren ist. Politisch und militärisch  interessierte Menschen mögen die langen Ausführungen diverser ehemaliger  U-Boot-Besatzungsmitglieder mit Aufmerksamkeit gelesen haben. Meiner Meinung  nach jedoch waren diese Passagen stellenweise zu langatmig.
        
        Hellwach wurde ich hingegen immer an den Stellen, an denen  Wallander „Gespenster“ aus der Vergangenheit begegneten. Da sind zum einen  mehrere Begegnungen mit seiner alkoholabhängigen Exfrau Mona, zum anderen sucht  ihn seine Geliebte Baiba (aus „Hunde von Riga“) auf, um ihm etwas mitzuteilen.  Henning Mankell lässt also nicht nur uns Abschied nehmen, auch Wallander selbst  nimmt Abschied. Diese Stellen sind die persönlichsten und für mich stärksten  Passagen des Romans.
        Etwas aufgesetzt wirkt vielleicht sein neues Leiden, ein  zeitweiser Gedächtnisverlust, der ihn immer wieder befällt. Auch dies  offensichtlich ein „Feind im Schatten“, der am Rande lauert und ihn am Ende  einholt.
        Das Ende. Natürlich klärt Wallander am Ende den Fall auf, so  wie er es immer getan hat.
        So will auch ich hier ans Ende kommen, denn es bleibt nichts  zu sagen außer:
        
        Herr Mankell, Herr Wallander – danke für all die Jahre, die wir mit  Ihnen verbringen durften.
                
                Vielen Dank an Katja Perret
© Mai 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
 "Kennedys 
          Hirn" von Henning Mankell
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Mit dem Roman "Kennedys Hirn" weicht 
          Henning Mankell wieder einmal von seiner Reihe um den schrulligen alten 
          Kommissar Wallander ab und wendet sich einem einem Thema zu, dem er 
          viel Herzblut entgegenbringt, nämlich den Schwierigkeiten des schwarzen 
          Kontinents, in diesem Fall Mosambik. Wie bekannt, verbringt Mankell 
          selbst einen Großteil seines Lebens in Mosambik und erweist sich 
          als Kenner und behutsamer, wenn auch zorniger Chronist der dortigen 
          Zustände. Auch wenn "Kennedys Hirn" ein Roman ist, "Fiktion", 
          wie er es selbst im Nachwort beschreibt, so merkt man als Leser doch, 
          dass "eine Grenze zwischen dem, was wirklich geschah, und dem, 
          was hätte geschehen können" oft verschwimmt. Doch von 
          Anfang an.
          
          Der Roman beginnt mit dem scheinbaren Selbstmord eines jungen Mannes 
          in Stockholm. Dessen Mutter, Louise Cantor, eine Archäologin, findet 
          ihren Sohn und zweifelt an einem Suizid. Ihre Nachforschungen , quasi 
          "Ausgrabungen", führen sie immer tiefer hinein in ein 
          Dickicht an unaufgedeckten Verbrechen der Gesellschaft. Die Spuren ihres 
          Sohnes führen sie über Australien, wo sie ihren Ex-Mann aufspürt, 
          und Barcelona nach Maputo in Mosambik. Dort, auf diesem ihr fremden, 
          dunklen Kontinent, findet sie ein Asyl für Aidskranke, in dem ihr 
          Sohn gearbeitet hat. Den Ort umgibt ein dunkles Geheimnis, das auch 
          der scheinbar großmütige Leiter der Missionsstation schützen 
          möchte. Louise Cantor aber "vergräbt" sich immer 
          weiter in ihre Recherchen und spürt nach und nach einen humanitären 
          Skandal auf.
          
          Was "Kennedys Hirn" zu einem Thriller der Extraklasse macht, 
          ist Mankells sicheres Gespür für das glaubwürdige Innenleben 
          seiner Personen. So ist Louise Cantor eine zutiefst zerrissene, und 
          in erster Linie trauernde Mutter, die trotz ihrer Angst vor dem Unbekannten 
          nicht klein beigibt. In kleinen Sentenzen zeigt uns Mankell aus ihrer 
          Perspektive immer wieder ihre Gedanken, Bedenken und Ängste auf, 
          aber auch ihre Erkenntnisse. Durch ihre Zähigkeit findet sie schließlich 
          "eine Anzahl von Scherben" (S. 338) und fängt, indem 
          sie diese zusammensetzt, langsam an "etwas von der Wirklichkeit 
          auf diesem Kontinent zu ahnen" (S. 337).
          
          Auch Mankell sieht sich als eine Art Archäologe, der in die dunkelsten 
          Winkel der Gesellschaft hineinleuchtet. Was herauskommt ist ein durch 
          und durch düsteres Bild eines alleingelassenen Afrikas, das von 
          korrupten Weißen und Schwarzen zugrunde gerichtet wird. "Kennedys 
          Hirn" ist ein Roman, ist Fiktion, doch eine Fiktion, die uns den 
          Spiegel vorhält, die zeigt wie weit Menschen der Macht und des 
          Geldes wegen zu gehen vermögen. Gleichzeitig mag es auch eine Warnung 
          sein, nicht die Augen vor der größten Seuche des 21. Jahrhunderts 
          zu verschließen.
          
          Vielen Dank an Katja Perret
          © September 2006 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
 "Kennedys 
          Hirn" von Henning Mankell
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Einen Fuß im Schnee, einen Fuß im 
          Sand verbunden durch eine spannende Geschichte mit ernstem und 
          realem Hintergrund. Die Protagonistin Louise Cantor bereist den Globus 
          auf der Suche nach der Wahrheit und sammelt an jedem Ort eine weitere 
          Scherbe ein. Sie kommt somit der erschreckenden Wahrheit 
          ein Stück näher. Auch wenn nur ein Funken Wahrheit in die 
          Geschichte des Romans eingeflossen ist, kann der Zorn, der Zorn, den 
          Henning Mankell zum Schreiben dieses Romans antrieb, verständlich 
          werden. Die Missstände in Afrika, insbesondere die Bedrohung durch 
          den Aids-Virus und die damit verbundenen pharmazeutischen Versuche an 
          den erkrankten Menschen werden hier, anhand einer spannenden Geschichte, 
          dem Leser deutlich vor Augen geführt. Es gilt nur, die Augen auch 
          zu öffnen.
          
          Wie bereits durch seinen letzten Roman Tiefe hat Henning 
          Mankell seine literarischen Fähigkeiten aufs Neue bewiesen. Wallander 
          war gut,
          Henning Mankell kann mehr.
 "Der Mann, 
          der lächelte" von Henning Mankell
 "Der Mann, 
          der lächelte" von Henning Mankell|  |  HIER DIREKT BESTELLEN | 
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Den Roman "Der Mann, der lächelte", 
          schrieb Henning Mankell schon im Jahre 1994. Dieser Kriminalroman schließt 
          die Lücke zwischen dem Roman "Die weiße Löwin" 
          (1993) und "Die falsche Fährte" (1995). "Der Mann, 
          der lächelte" knüpft nahtlos an den Kurt Wallander Roman 
          "Die weiße Löwin" an. Wallander hatte innerhalb 
          kurzer Zeit einen Menschen getötet und aktiv dazu beigetragen, 
          daß ein anderer lebendig verbrannt war. Auch die Verantwortung 
          für eine Frau, die ihr Leben geopfert hatte, als sie seiner Tochter 
          zur Flucht verhalf, konnte er nicht von sich weisen. Schuldgefühle, 
          weil Victor Mabasha, ein gedungener Mörder, der Nelson Mandela 
          töten sollte, aber Schutz bei Wallander gesucht hatte, getötet 
          worden war. Nun war niemand mehr zu jagen, und auch ihn jagte niemand 
          mehr. Wallander wurde krank geschrieben. Nach einigen Monaten begannen 
          vieler seiner Kollegen zu glauben, daß er nie wieder kommen würde. 
          Dann und wann, wenn neue Berichte über seine sonderbaren Reisen 
          kreuz und quer von Dänemark bis in die Karibik im Polizeigebäude 
          von Ystad bekannt wurden, fragte man sich, ob Wallander nicht vorzeitig 
          pensioniert werden müßte. Aber soweit kam es nicht. Er würde 
          zurückkehren, wenn es auch lange dauern sollte.
          
          Und hier beginnt der Roman "Der Mann, der lächelte". 
          Über ein Jahr lang war Kurt Wallander, Kriminalkommissar bei der 
          Polizei in Ystad, krank geschrieben. Während dieser Zeit hatte 
          eine zunehmende Ohnmacht sein Leben erfüllt und seine Handlungen 
          bestimmt. Wallander, der schwer an der seelischen Last trägt, als 
          wäre er ein Pilger, der sich auf seinen Wanderungen von einem unbekannten 
          Schmerz befreien will, landete immer wieder in der Ecke mit der Frage, 
          ob es nicht doch am besten wäre, seine Arbeit als Polizist wieder 
          aufzunehmen. Zurückzukehren, den Erinnerungsbildern die Stirn zu 
          bieten und vielleicht eines Tages zu lernen, damit zu leben. Die einzige 
          realistische Wahl war, wie früher weiterzumachen. Darin hatte er 
          ja auch einen gewissen Sinn gesehen: Die schlimmsten Verbrecher von 
          der Straße zu holen, damit Menschen in etwas größerer 
          Sicherheit lebten. Das aufzugeben würde nicht nur bedeuten, eine 
          Arbeit zu verlieren, die er einigermaßen beherrschte. Er würde 
          auch etwas beschädigen, was tiefer in ihm ruhte: Das Gefühl, 
          Teil von etwas größerem zu sein, was dem Dasein Sinn gab.
          
          Trotzdem kam er zu dem Entschluß seinen Dienst zu quittieren, 
          nicht mehr in den Polizeidienst zurückzukehren. Da bekommt er Besuch 
          von einem befreundeten Anwalt, Sten Torstensson, dessen Vater bei einem 
          Autounfall ums Leben gekommen war. Der Sohn glaubt nicht an einen Unfall 
          und bittet Wallander, den Unfall noch einmal zu untersuchen. Wallander 
          lehnt ab, weil sein Entschluß, mit der Polizeiarbeit aufzuhören, 
          feststeht. Ein paar Wochen später kehrt er nach Ystad zurück. 
          Dort erfährt er, daß Sten Torstensson ermordet wurde. Man 
          fand ihn erschossen in seiner Anwaltskanzlei. Nun fühlt er sich 
          dem Anwalt gegenüber schuldig und er übernimmt diesen Fall. 
          "Er ahnte, daß sich etwas Großes, Schwerwiegendes und 
          Erschre-ckendes hinter dem Fall der zwei toten Anwälte verbarg."
          
          Bald muß er erkennen, daß die Spur ihn zu einem großen 
          Wirtschaftsimperium führt. Dessen Besitzer lebt in einem hermetisch 
          abgeriegelten Schloß. Auf diesem Schloß Farnholm wohnt ein 
          Mann, der große Geschäfte macht. Alfred Harderberg. "Er 
          hat viel, was viele gerne hätten. Wissen, Kenntnisse, Informationen. 
          Das ist mehr Wert als eine gute Banknotendruckerei." Am Anfang 
          der Ermittlungen fällt es ihm schwer, gegen Harderberg zu ermitteln, 
          "den er hatte im loyalen Glauben an die Integrität der schwedischen 
          Wirtschaft gelebt. Die Männer und Frauen der heimischen Großunternehmen 
          waren die Grundfesten des Aufschwungs. Die Exportindustrie als Garant 
          des gesellschaftlichen Wohlstands konnte einfach nicht in Frage gestellt 
          werden. Am wenigsten jetzt, wo der Wohlstandsbau schwankte und die Zwischendecken 
          voller ausgehungerter Ameisen waren. Die Grundfesten mußten gegen 
          Angriffe, egal aus welcher Richtung, verteidigt werden." Aber bald 
          muß er erkennen, daß Harderberg, dessen Konzern auf der 
          ganzen Welt ("eigentlich betrachtete ich eine Weltkarte. Die nationalen 
          Grenzen sind durch die ständig wechselnden Einflußsphären 
          verschiedener Unternehmen ersetzt, deren finanzielle Macht größer 
          ist als die vieler Volkswirtschaften") vertreten ist, nicht der 
          Saubermann ist, wie er sich selbst in der schwedischen Öffentlichkeit 
          darstellt.
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 Wallander erkennt, daß Schweden ein Kreuzweg 
          und Treffpunkt ist, wo alles denkbar ist. Und so nimmt er die Jagd auf. 
          "in jedem Polizist steckt ein Jäger. Selten oder nie wird 
          ins Horn gestoßen, wenn die Jagd beginnt. Und doch fangen wir 
          bisweilen die Füchse, denen wir nachstel-len. Ohne uns wäre 
          der schwedische Hühnerhof seit langem ausgestorben und leer, nur 
          blutige Federn würden noch im Herbstwind herumtreiben".
          
          In diesem Kriminalroman geht es zwar auch um die Aufklärung zweier 
          Morde aber der Hintergrund ist ein krimineller Unternehmer, der seinen 
          Sinn im Leben darin sieht zu kaufen und zu verkaufen. Harderberg liebt 
          es, Geschäfte zu machen, einen Konkurrenten zu be-siegen, seinen 
          Reichtum zu vermehren und sich keine Grenzen setzen zu müssen. 
          Henning Mankell sagte in einem Interview: "ich benutze ein Verbrechen, 
          um in seinem Spiegel die Gesellschaft zu beschreiben. In dieser Hinsicht 
          kann man möglicherweise behaupten, daß mein Ausgangspunkt 
          und der eines Polizisten einiges gemeinsam haben".
          
          Im gleichen Interview beschreibt er seinen Kommis-sar Wallander: "Aber 
          das Wichtige ist nicht der Überblick, sondern die Erkenntnis. Wallander 
          geht Probleme an, indem er einen Schritt zur Seite tritt. Er weiß, 
          daß er etwas gesehen hat, die Frage ist nur, was. Die große 
          Herausforderung für mich als Schriftsteller besteht darin, die 
          Dramatik auf dieser inneren Ebene spielen zu lassen. Mein Held ist kein 
          Spaßvogel. Er ist ein mürrischer Protestant mittleren Alters. 
          Er nimmt das Motiv in seinem Gehirn auf, lässt die Rollos herunter 
          und versucht im Halbdunkel zu erkennen, wie alles zusammenhängt. 
          Zu einem guten Polizisten macht ihn, daß er weiß, er muß 
          verstehen, wie die Gesellschaft sich verändert, um ein Verbrechen 
          aufzuklären." "Wallander ist ein Zweifler. Er denkt ständig 
          darüber nach, wie stabil unsere Gesellschaft ist. Kann die Demokratie 
          überleben, wenn der Rechtsstaat nicht intakt ist?" "Trotz 
          allem war Schweden noch ein Rechtsstaat, wenn dieser auch immer schneller 
          ausgehöhlt und geschwächt wurde. Auch sein Schweigen war Teil 
          dieses Prozesses. Daß er so lange die Augen verschlossen hatte, 
          würde ein fortgesetztes Schweigen nicht entschuldigen." Diesem 
          Schweigen und Wegsehen, was in vielen Demokratien ein Grundproblem ist, 
          auch in Deutschland, möchte Mankell mit seinen Romanen entgegenwirken. 
          Einer seiner schwedischen Verlag schrieb zu seinen Romanen: "Der 
          Unterstrom in Henning Mankells Büchern handelt vom Kampf um ein 
          besseres Leben. Er zeigt, daß der Klassenbegriff immer noch Gültigkeit 
          besitzt. Die Idylle ist niemals gegenwärtig." Klarheit, schreibt 
          der Autor Fioretos über Mankell, ist der Leit-stern aller Dinge 
          in Mankells Welt. Seine Bücher sind darauf aus zu be-einflussen. 
          Ihn treibt der Wunsch nach Veränderung.
          
          Zum Abschluß noch einmal Mankell über Wallander: "Was 
          mich interessiert, ist die Denkweise des Polizisten. Ich bin nicht im 
          geringsten daran interessiert, realistisch zu beschreiben, wie die Polizei 
          arbeitet. In meinen Büchern geht Wallander nur herum und denkt. 
          Die Herausforderung besteht darin, dies so spannend zu schildern, daß 
          der Leser weiterblättert. Das ist mir offensichtlich gelungen."
 "Vor dem 
          Frost" von Henning Mankell
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Mit "Vor dem Frost" liegt nun Mankells sehnlichst 
          erwarteter neuer Roman vor, in dem er Linda Wallander das Ruder ihres 
          Vaters langsam übernehmen lässt. Linda ist Polizeianwärterin 
          in Ystad und gerät noch vor ihrem Amtsantritt in einen Fall, der 
          sie persönlich betrifft. Auf der Polizeistation in Ystad gehen 
          Anrufe ein, die von mysteriösen Brandstiftungen berichten, bei 
          denen Tiere bei lebendigem Leib verbrennen. Linda begleitet ihren Vater 
          zunächst nur als seine Tochter bei den Ermittlungen. Als jedoch 
          ihre Freundin Anna spurlos verschwindet, beginnt sie auf eigene Faust 
          Nachforschungen anzustellen. Gleichzeitig mit Anna verschwindet eine 
          Frau, deren Leiche bald darauf aufgefunden wird. Linda findet Zusammenhänge 
          zwischen Anna und dieser Frau und fängt an sich zu sorgen, zumal 
          sich die wieder aufgetauchte Anna seltsam verhält. Wenig später 
          geht eine Kirche in Lund in Flammen auf und eine weitere Frauenleiche 
          wird gefunden. Die Hinweise auf Machenschaften einer religiösen 
          Sekte verdichten sich. Nach und nach stellt sich heraus, dass Annas 
          vor zwanzig Jahren verschwundener Vater in das Geschehen verstrickt 
          zu sein scheint. Mankell lässt den Leser direkt teilhaben an dessen 
          religiös-fanatisch verzerrten Gedanken. Dadurch kann man die Sogwirkung, 
          die von religiösen Fanatikern ausgeht gut nachvollziehen, durchschaut 
          aber gleichzeitig ihr bösartiges und manipulatives Spiel mit den 
          Menschen. Als schließlich Zebra, eine weitere Freundin Lindas, 
          verschwindet, kommt es zum Showdown. Linda, eine typische Wallander 
          eben, ermittelt alleine und gerät mitten in den geplanten großen 
          Coup der Sekte. In buchstäblich letzter Sekunde gelingt es ihrem 
          Vater sie und Zebra zu retten, der Anführer der Sekte jedoch entkommt. 
          So bleibt ein frostiges Gefühl zurück, ist damit doch die 
          Möglichkeit offen, dass etwas Ähnliches jederzeit wieder geschehen 
          kann.
          Was diesen neuen Mankell so reizvoll macht, sind die Auseinandersetzungen 
          zwischen Kurt und Linda Wallander. Ihr Verhältnis ist kompliziert, 
          sind sie sich doch in ihrer Sturheit und Verbissenheit durchaus ähnlich. 
          Dass Linda nun in seine Fußstapfen treten will, macht die Beziehung 
          nicht einfacher. Noch sind sie ihr etwas zu groß und sie benötigt 
          die Hilfe ihres Vaters, doch wie im Epilog zu sehen, wird sie ihren 
          Weg sicher irgendwann auch alleine meistern.
 "Vor dem 
          Frost" von Henning Mankell
 "Vor dem 
          Frost" von Henning Mankell|  |  HIER DIREKT BESTELLEN | 
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Da staunte nicht nur Papa Kurt nicht schlecht, als Linda erklärte, sie wolle zur Polizei. Jetzt ist es endlich soweit, und Linda hat ihren ersten Roman bekommen! Er heißt "Vor dem Frost" und spielt zum größten Teil nach Lindas abgeschlossener Ausbildung an der Polizeihochschule. Linda wartet ungeduldig darauf, dass ihr erster Arbeitstag beginnt und sie endlich ihre Uniform anziehen darf. Zu dieser Zeit brennen in Skåne zuerst Schwäne, dann Kirchen, dann werden Frauen ermordet und schließlich verschwindet auch noch eine alte Schulfreundin Lindas spurlos. Das alles mündet darin, dass Linda schon vor ihrem ersten offiziellen Arbeitstag in die Polizeiarbeit hineingezogen wird bzw. wäre sie nicht Kurts Tochter, wenn sie sich nicht hartnäckig an die Fersen ihres Vaters heften würde. Das führt natürlich zu Konflikten zwischen ihr und Kurt, aber im Verlaufe des Romans nimmt Mankell Kurt zugunsten seiner Tochter Linda immer mehr zurück, so dass der Leser sich ganz langsam an die neue Protagonistin gewöhnen kann. Es wird dann fast ausschließlich aus Lindas Perspektive erzählt, und der Leser erfährt hier die Geschichte von Kurt, Mona und Linda noch mal aus der Sicht der Tochter, was nicht durchweg uninteressant ist, aber natürlich kommt es auch zu Redundanzen. Ansonsten ist Linda durch und durch Kurts Tochter! Genauso wenig wie ihr Vater kann sie sich gedulden, sondern mischt sich von Anfang an in die Ermittlungen ein (genau wie Kurt in "Wallanders erster Fall"). Schließlich gerät sie in eine wirklich gefährliche Situation, wird in aller letzter Minute gerettet und kann endlich ihre Uniform anziehen! Hier schließt sich dann auch der Kreis und Lindas Motivation, zur Polizei zu gehen wird insgesamt schlüssig dargelegt.
| Buchtipp | 
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 Souverän handhabt Mankell auch hier wieder die wechselnden Perspektiven. 
          Er erzählt sowohl aus Lindas als auch aus Kurts Perspektive und 
          wie so oft beginnt Mankell seinen Krimi am anderen Ende der Welt und 
          in einer anderen Zeit, hier Guyana 1978. Als nette intertextuelle Anspielung 
          taucht dann auch Stefan Lindman, Mankell-Fans aus "Die Rückkehr 
          des Tanzlehrers" bekannt, in Ystad auf und das Private vermischt 
          sich wie so oft bei Mankell mit dem Beruflichen. Alles in allem also 
          bedient sich Mankell auch bei "Vor dem Frost" trotz neuer 
          Protagonistin bekannter Muster und Ingredienzien und legt bereits weitere 
          Fährten aus, die nach Fortsetzung verlangen. Auch der obligatorische 
          Wetterbericht noch die Action kommen im neuen Mankell nicht zu kurz. 
          So dürften eingefleischte Wallander-/Mankell-Fans auf ihre Kosten 
          kommen, doch wer Neues von Mankell mit Einführung der Figur der 
          Linda erwartet hat, sieht sich enttäuscht. Viel zu sehr eifert 
          Linda dazu ihrem Vater nach, was bis zur Penetranz wiederholt wird. 
          Zu guter Letzt stellt Mankell seinen Krimi in einen größeren 
          und noch immer aktuellen Zusammenhang, den 11. September 2001. Wieder 
          zwingt er den Leser, die Perspektive zu wechseln, was nicht unintelligent 
          ist und durchaus seinen Reiz hat.
          
          Insgesamt ist "Vor dem Frost" solide und spannend erzählte 
          Krimi-Kost aus dem Hause Mankell, an der sicher viele ihren Geschmack 
          finden werden. Nur wirklich Neues erzählt Mankell leider nicht, 
          aber da Mankell sein Handwerk äußerst gut versteht, schmeckt 
          auch Aufgewärmtes immer noch gut.
 "Tea-Bag" 
          von Henning Mankell
 "Tea-Bag" 
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Wenngleich man von diesem Autoren eher aufregende Kriminalromane 
          gewöhnt ist, so schafft er es auch mit diesem so "ganz anderen" 
          Roman, eine Geschichte zu erzählen, die von Beginn an spannend 
          ist. Die Flüchtlingsgeschichte einer namenlosen Frau, die sich 
          selbst ganz spontan aus einer Erklärungsnot heraus den merkwürdigen 
          Namen gab, ist eine symbolische. Der Autor arbeitet an ihrem Schicksal 
          die Unaufmerksamkeit und Blindheit reicher Staaten ab, die helfen wollen 
          und es nicht richtig tun, die um grausame Schicksale wissen, aber nichts 
          unternehmen.
          
          Daneben spielt sich ein Schriftsteller-Drama ab, das fast schon satirisch 
          die Nöte des Literaten aufzeigt. Irgendwie ist es schon fast witzig, 
          was dem Hauptakteur dieses Romans für abstruse private Erlebnisse 
          den direkten Weg zu seinem hehren Ziel, die aufwühlende Geschichte 
          von Flüchtlingen aufzuschreiben, verstellen. Bedächtig und 
          bewegend zugleich fasziniert der Lauf aller Erzählstränge. 
          Man lacht allerdings stets ernst.
 "Die weiße Löwin" von Henning Mankell
 
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"Wallanders dritter Fall" ist ein Roman, 
          der verschiedene Handlungsstränge und Orte zu einem Gesamtmuster 
          miteinander verwebt. Dabei handelt es sich nicht einfach "nur" 
          um ein Verbrechen an einer Immobilienmaklerin in Schonen. Die kriminellen 
          Akteure aus der zusammengebrochenen Sowjetunion wirken daher wie Katalysatoren 
          der Ereignisse in Südafrika. Es sind Menschen, die vor keiner Gewalt 
          zurückschrecken, die auch andere Personen einfach hinrichten (lassen), 
          wenn es ihren Zwecken dient. So rücken das geographisch weit entfernte 
          südliche Afrika und das nordeuropäische Schweden auf einmal 
          eng zusammen. Konflikte, die anscheinend Kontinente entfernt liegen, 
          berühren doch auch Menschen in anderen Erdteilen. Im Zentrum der 
          Ereignisse steht Mankells Kommissar Wallander in Schweden. Der Titel 
          des Buches verweist jedoch auf das andere Land, das so eine wichtige 
          Rolle spielt und sich im Umbruch befindet, auf Südafrika.
          
          Die Löwin, die - vom Mond beschienen - ja nur in der Dunkelheit 
          der Nacht weiß erscheint, ihre Stärke, ihre Schönheit, 
          ihre Unberechenbarkeit, ist das Symbol des Übergangs in eine neue 
          Zeit.
 "Die Rückkehr 
          des Tanzlehrers" von Henning Mankell
 "Die Rückkehr 
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Wer tanzt mit einem toten Mann? Oktober 1999. Auf einem 
          einsam gelegenen Hof in Härjedalen wird der pensionierte Polizist 
          Herbert Molin tot aufgefunden. Die Verletzungen lassen auf Folter schließen, 
          und dann sind da noch diese seltsamen Spuren aus Blut...
          In Borås bereitet sich zur gleichen Zeit Molins ehemaliger Kollege 
          Stefan Lindman, 37 Jahre, auf seinen schwierigsten Fall vor. In ein 
          paar Wochen soll seine Krebsbehandlung beginnen. Aus einem Impuls heraus 
          fährt er nach Härjedalen, als er vom Mord an Herbert Molin 
          liest. Während seines Besuches im schwedischen Norrland muss Lindman 
          erkennen, dass sein alter Lehrmeister Molin ein anderer war als er zu 
          sein vorgab und als er, Stefan, geglaubt hatte. Alte, längst untergegangen 
          geglaubte Ideen der Vergangenheit, sind keineswegs tot, sondern sind 
          in einem weltumspannenden Netz nach wie vor sehr lebendig und stellen 
          nach wie vor eine Gefahr für die Gesellschaft dar. Mankells neuester 
          auf Deutsch erschienene Roman "Die Rückkehr des Tanzlehrers" 
          reicht bis in die Zeit Nazi-Deutschlands.
          
          Symptome einer kranken Gesellschaft und andere Zeitzeichen
          
          Stefan Lindmans Krebserkrankung -in der Zunge -und seine labile Psyche 
          bilden die Folie für Mankells komplexe und weit in die Vergangenheit 
          reichende Geschichte. Zusammen mit seinem ortsansässigen Kollegen 
          Giuseppe Larsson kämpft Lindman nicht nur gegen sein eigenes Geschwür, 
          sondern, wie sich im Laufe der Ermittlungen herausstellt, auch gegen 
          das Geschwür Nazismus, das sich im Untergrund seit Ende des 2. 
          Weltkrieges stets weiterverbreitet hat und die Gesellschaft ebenso latent 
          wie subversiv von innen heraus bedroht wie ein Krebsgeschwür die 
          menschliche Existenz. Lindmans Todesangst, sein ständiges Kreisen 
          um seinen Sprachmuskel, bilden ein mit der Zeit immer lauter tickendes 
          Uhrwerk, das sowohl Lindmans nach innen gerichtete Reise als auch die 
          nach außen und gegen den Nazismus gerichtete Reise begleitet. 
          Die gesamte Geschichte spielt sich im Zeitraum zwischen Diagnose und 
          erfolgreiche Behandlung ab und so wie Lindman den Krebs besiegt, werden 
          er und sein Kollege Larsson selbst zu Zellgift im Kampf gegen das Krebsgeschwür, 
          das Nazismus heißt.
          
          Souverän führt Mankell seine Leser durch Raum und Zeit, durch 
          Vergangenheit und Gegenwart, von der Ostfront über Argentinien 
          bis nach Schweden. Außerdem bedient sich Mankell wechselnder Perspektiven, 
          um Einblick in Psyche, Motiv und Motivation von Mörder, Ermordetem 
          und Ermittelnden zu geben. Dabei verzichtet Mankell dankbarerweise auf 
          Schablonen und Klischees. Herbert Molins nazistische Gesinnung erklärt 
          sich nicht aus einer Persönlichkeitsstörung, aus Verletzungen, 
          die ihm bzw. seiner kindlichen Seele zugefügt wurden, sondern Mankell 
          betätigt sich wieder einmal als kritischer Analyst der Gesellschaft 
          Schwedens durch das letzte Jahrhundert und zeigt den alltäglichen 
          Nazismus, Rassismus und Antisemitismus, wie er (auch) in Schweden über 
          ein halbes Jahrhundert stets lebendig war und ist. Das und die Tatsache, 
          dass der Nazismus sich auch in Schweden immer mehr in feines Tuch denn 
          in Bomberjacken und Springerstiefeln kleidet, macht die Geschichte nicht 
          nur glaubwürdiger und realistischer, sondern gleichzeitig auch 
          beklemmender, beängstigender. Larsson und Lindman werden durch 
          ein Schweden geführt, dessen erschreckendste Eigenschaft es ist, 
          dass es so schon immer gegeben hat. Der Nazismus starb nicht mit Hitler 
          und die Demokratie muss stets aufs Neue dagegen gewinnen. Insgesamt 
          wird die Mordintrige routiniert und in bester Mankell-Manier inszeniert 
          -Tod als Folge von Folter und das Gefühl, dass der Ermordete es 
          irgend wie verdient hat, so zu sterben, kennt man auch aus anderen Mankell-Krimis.
          
          Ganz so neu ist Mankells Neuer leider nicht
          
          Mankells - bekannte - Botschaft ist außerdem die, dass Schweden 
          schon lange nicht mehr das "unschuldige" Land im hohen Norden 
          ist, sondern dass sich im gleichen Atemzug mit der Demontage des schwedischen 
          Wohlfahrtsstaates böse Kräfte umso mehr entfalten können.
          
          Der 37jährige Stefan Lindman, der so manche Eigenschaft mit seinem 
          Kollegen aus Ystad teilt, könnte zum würdevollen Nachfolger 
          Wallanders avancieren. Er neigt ebenso wie der große Alte zum 
          Nachdenken, zu unkonventionellen Methoden und hat ebenso wie Wallander 
          eine nicht unkomplizierte Beziehung, die auf eine harte Probe gestellt 
          wird. Wie auch in den Wallander-Romanen ist die Erzähltechnik in 
          "Die Rückkehr des Tanzlehrers" langsam, nach innen gerichtet 
          und sehr genau. Hier allerdings hat es Mankell meiner Meinung in "Die 
          Rückkehr des Tanzlehrers" etwas zu gut gemeint. Gegen Ende 
          wird die Geschichte -trotz aller für Mankell typische Spannung 
          und Action -langatmig und zäh. Sie wird nicht nur zu Ende erzählt, 
          sondern zu Tode erzählt. Keine Frage bleibt offen, die Erzählung 
          wird nicht vorangetrieben, sondern läuft im Leerlauf aus. Ein offeneres 
          Ende hätte meiner Meinung nach dem Roman durchaus gut getan.
          
          Fazit: Mankell bedient sich für ihn durchaus bekannter und erfolgreicher 
          Muster. Stefan Lindmans Charakternähe zu Wallander etwa ist nicht 
          zu übersehen - aber ist sie auch wünschenswert? Die Erzählung 
          bietet ohne Zweifel Spannung, ist insgesamt gut erzählt, flacht 
          aber gegen Ende ab und wird zäh. Dennoch: Für alle Mankell/Wallander-Fans 
          ist dieser Roman ein absolutes Muss und sicher auch ein absoluter Lesegenuss!
 "Die Rückkehr 
          des Tanzlehrers" von Henning Mankell
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Ich möcht ja nicht in Mankells Haut stecken: Da 
          sitzt außerhalb der vier Wände seiner Schreibstube eine riesige, 
          schmollende Wallander-Fangemeinde, die nun mit dem ersten Non-Wallander-Krimi 
          vorliebnehmen muss. Schließlich ist es immer riskant, dem Leser 
          liebgewordene Mythen zu entziehen. Hat Mankell nun diese Klippe bravourös 
          gemeistert? Also, gescheitert ist er sicher nicht - aber ein Glanzlicht 
          hat er auch nicht grade gesetzt ... Stefan Lindman, Kriminalbeamter 
          im schwedischen Boras und mit 37 Jahren in voller Lebensblüte, 
          erfährt eines Tages eine niederschmetternde Diagnose: er leidet 
          an einem bösartigen Zungentumor. Von einem Tag auf den anderen 
          ist seinem stressigen Polizistenalltag die Grundlage entzogen und alle 
          seine Gedanken fixieren sich neu auf eine plötzlich ungewisse nahe 
          Zukunft. Beim Durchblättern einer alten zerfledderten Zeitung im 
          Wartebereich eines Krankenhauses stößt er zufällig auf 
          das grausige Schicksal eines früheren Polizeikollegen: Herbert 
          Molin, inzwischen Pensionär, wurde unweit seines einsam gelegenen 
          Wohnhauses in Härjedalen ermordet aufgefunden. Die grausame Tötung 
          - das Opfer wurde zu Tode gepeitscht - und ein rätselhaftes Muster 
          blutiger Fußspuren lassen auf ein äußerst sinistres 
          Mordmotiv schließen. Es ist keineswegs eine innige Nähe zu 
          seinem Ex-Kollegen, die Lindman die gut 500 Kilometer zum Tatort nach 
          Norden fahren lässt - es ist vielmehr seine Angst und Unrast vor 
          der ihm bevorstehenden Therapie, die er damit zu betäuben sucht. 
          In Härjedalen nimmt er Kontakt mit den dort ermittelnden Kollegen 
          auf, die ihn zunächst zögernd, dann aber immer bereitwilliger 
          an ihren Nachforschungen teilhaben lassen. Wenige Tage nach Molins Tod 
          wird eine weitere Leiche gefunden - Molins Nachbar, ebenfalls ein alter 
          Herr, mitten im Wald an einem Baum gefesselt und dort durch einen gezielten 
          Schuß hingerichtet. Parallel zu den offiziellen Ermittlungen stellt 
          Lindman - eigentlich ist er ja krankgeschrieben - seine eigenen Nachforschungen 
          an - und das durchaus im Grenzbereich der Legalität. Und so stößt 
          er in Molins Nachlass auf Indizien, die dessen sorgfältig verborgene, 
          dunkle Vergangenheit enthüllen: als junger Mann war Molin einer 
          jeder Schweden, die den Schalmeien der Herrenrasse-Verkünder im 
          gar nicht so fernen Nazi-Deutschland folgten und freiwillig in die Waffen-SS 
          eintraten. Die Sichtbarmachung eines bislang verdeckten schwedischen 
          Schandflecks, könnte man meinen, oder besser gesagt: hoffen. Doch 
          es kommt noch schlimmer: Wie sich schnell herausstellt, war Molin eingebunden 
          und teil eines Netzes alter wie junger Schweden, die aus ihrer Sympathie 
          für die NS-Ideologie immer weniger einen Hehl machen - braune Heere 
          im Dunklen, die mit geschlossener Solidarität untereinander und 
          mit einem strengen Ehrenkodex im Verborgenen wirken, aber immer öfter 
          hier und da frech ihr Haupt erheben. Zeit für Mankell, dem Leser 
          schon mal vorab den Mörder zu präsentieren: Aaron Silberstein, 
          ein Möbeltischler aus Buenos Aires im Herbst seines Lebens und 
          seinerzeit ein jüdisches Kind im großdeutschen Berlin. Gut 
          vorbereitet und nach methodischer Planung hat er an Molin, einem Peiniger 
          vergangener Jahre, eine ausgeklügelt rabiate Rache genommen. Nach 
          Molins Tod hätte Silberstein allemal die Gelegenheit gehabt, spurlos 
          und unerkannt nach Argentinien auszureisen, doch geschieht etwas für 
          ihn Unerwartetes: die Zeitungen berichten vom Fund der zweiten Leiche. 
          Die Nähe beider Fundorte legt für die Presse nur einen Schluss 
          nahe: hier ist ein Serienkiller am Werk. Doch Silberstein weiß 
          es besser - mit dem zweiten Mord hat er nichts zu tun. Und statt zu 
          flüchten, macht er sich nun seinerseits auf die Suche nach dem 
          anderen Mörder ...
          
          +++Braune Bruderschaften+++
          
          Zunächst einmal ziehe ich den Hut vor der Unerschrockenheit des 
          Autors. Es gehört schon eine tüchtige Portion Mut dazu, unbarmherzig 
          die Schattenseiten der jüngsten Geschichte seines Heimatlandes 
          auszuleuchten, das es ja nach außen hin immer recht geschickt 
          verstanden hat, sich neutral durch die Weltgeschichte zu manövrieren. 
          Dass ausgerechnet im kühlen Schweden blonde Herrenmenschen äußerst 
          enthusiastisch dem verquasten arischen Gedankengut folgten, mag ein 
          Treppenwitz der Geschichte sein, dass es jedoch im Schweden des Jahres 
          1999 immer noch geheimbundartige Nazi-Bruderschaften mit üppigem 
          Zulauf vor allem junger Sympathisanten geben soll, erschreckt dann doch. 
          Und Mankell piekst ziemlich rigoros in diese geschickt kaschierte Pestbeule 
          hinein ...
          Mankells Stil war ja schon immer etwas spröde und schmucklos. Fehlende 
          Eleganz wog er jedoch mehr als auf durch seine Fähigkeit, mit kurzen, 
          knappen Sätzen eine Geschichte aus dem Schlummerstatus in Höchstgeschwindigkeit 
          zu versetzen. . Das gelingt ihm größtenteils auch in diesem 
          Buch, nur...bei fortschreitender Lektüre strich ich mir hin und 
          wieder verwundert über die Augen: der Stil dieses Buches ist nicht 
          nur schmucklos - er ist dürr, hölzern, mitunter sogar schwerleibig. 
          Waren die begeisternden Wallander-Romane auch so dünnblütig 
          geschrieben? Nein, das kann einfach nicht sein! Oder hat der große 
          Mankell - ich wage es ja kaum zu denken bzw. niederzuschreiben... hat 
          er vielleicht sogar angefangen ein klitzekleines bischen zu schludern 
          ? An der Übersetzung wird es wohl weniger gelegen haben, zumal 
          auch hier wie schon bei den Wallander-Romanen Wolfgang Butt am Werke 
          war. Und da wir schon mal am Rumkritteln sind - es fällt noch was 
          anderes auf: Bei aller atmosphärischen Dichte, die auch diese Geschichte 
          hat, ist ihr Verlauf mitunter doch ein bischen sehr bemüht gezimmert; 
          manche Wendungen bewegen sich gar an der Grenze der Wahrscheinlichkeit. 
          Mankell muss es insgeheim geahnt selbst gespürt haben: An einer 
          Stelle lässt er den Kommissar Guiseppe Larssen (sic!) sagen: "Das 
          ist zu weit hergeholt und konstruiert !" Nun denn, Einsicht ist 
          der erste Weg zur Besserung ...
          
          Apropos Wallander: Zum Zeitpunkt der erzählten Geschichte sitzt 
          er ca. 700 km südlich in Ystad und hat seinen letzten Fall "Die 
          Brandmauer" längst hinter sich. Er selbst findet mit keinem 
          Wort Erwähnung in diesem Buch, nur an ein prominentes Mordopfer 
          eines seiner Fälle (Ex-Justizminister Wetterstedt aus der "Falschen 
          Fährte") erinnert man sich sogar noch im fernen Härjedalen...
 "Wallanders 
          erster Fall und andere Erzählungen" von Henning Mankell
 "Wallanders 
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Wurmfortsatz
          
          Es ist Schluß mit Kurt Wallander. Das hat Mankell selbst gesagt 
          und wiederholt bekräftigt. Und wie ich Mankell einschätze, 
          wird es dabei bleiben. Und der Zeitpunkt dazu war trefflich gewählt, 
          denn der letzte Roman "Die Brandmauer" war ein beklemmend-furioses 
          Finale und was sollte darauf noch folgen? Nichts natürlich! Doch 
          wir alle täuschten uns - es kam doch noch was. Selbstverständlich 
          habe ich als fiebriger Mankellianer meiner Buchhändlerin die Neuerscheinung 
          aus den zarten Händen gerissen, doch ich gebe es zu: ein bischen 
          beklommen war ich schon bei dem Gedanken, was mich da wohl erwartet 
          ...
          
          Wie alles begann
          
          Das Buch schildert fünf Episoden aus Wallanders früher Berufskarriere 
          aus den Jahren 1969 bis 1990. Seinen ersten Fall löst er 1969 noch 
          als stinknormaler Streifenpolizist zu einer Zeit, als sich auch in Schweden 
          die Ordnungshüter bei Anti-Vietnamkriegsdemos Beulen in die Helme 
          hauen ließen. Aber schon zu diesem Zeitpunkt hatte Wallander sein 
          Versetzungsgesuch zur Kriminalpolizei längst eingereicht. Als er 
          zufällig in der Nachbarwohnung die Leiche ihres Bewohners entdeckt, 
          macht er sich auch als Noch-Streifenpolizist so seine Gedanken, denn 
          die Selbstmord-Diagnose der schnellen, künftigen Ermittlerkollegen 
          erscheint ihm nicht plausibel. Etwas irritiert erlebt er an sich erstmals 
          jene inneren Prozesse, die ihn später zu einem außergewöhnlich 
          guten Fahnder machen werden: diese innere Unrast, die ihn wie seine 
          Kollegen durch den Fall treibt, bis er gelöst ist. Und obwohl er 
          noch nicht einmal Kriminalassistent ist, wird er schon in seinem ersten 
          Fall recht behalten ...
          
          Das nächste Schlaglicht ist kurz: 1975 steht der Kriminalbeamte 
          Wallander einem illegal eingewanderten, verwirrten Südafrika-Flüchtling 
          gegenüber, der in seiner Not zum Mörder geworden war. Zwölf 
          Jahre später kommt Wallander einem raffinierten Giftmord auf die 
          Spur. Ein Jahr danach erweist sich der Tod eines Fotografen als Eifersuchtsmord. 
          Und ein niedergebrannter Kurzwarenladen mit zwei verbrannten Todesopfern 
          ist ein Unglück, sondern ein geglückter Mordanschlag auf zwei 
          ältere Schwestern, die als Ladenbesitzerinnen hinter der biederen 
          Fassade altjüngferlicher Seriosität ein ziemlich finsteres 
          Doppelleben führten. Soweit die kurz angerissenen Fälle - 
          natürlich erfahren wir auch mehr über das private Umfeld Wallanders: 
          das siechende Scheitern seine Ehe mit Mona, das seit eh und je problematische 
          Verhältnis zu seinem knorrig-resoluten Vater, den er in der letzten 
          Geschichte sogar persönlich aus einer Arrestzelle in Kairo auslösen 
          muß, nachdem der alte Knurrhahn während einer Urlaubsreise 
          beim Erklettern der Cheops-Pyramide erwischt worden war. Das Buch endet 
          mit den ersten Sätzen des Romans "Mörder ohne Gesicht", 
          dem ersten Wallander-Roman ...
          
          Fades Schlußstück des Zyklus
          
          Eigentlich habe ich wenig Lust, mich weiter über diese fünf 
          Fälle auszubreiten - sie sind allesamt schwach. In nicht einem 
          Fall wird die unverwechselbare bizarre und beklemmende Spannung erreicht, 
          die seine anderen Wallander-Romane so berühmt gemacht hat. Die 
          fünf Geschichten mögen raffiniert geschürzt sein, doch 
          sie bleiben blaß - ihre Aufklärung erfolgt vergleichsweise 
          zügig und ohne große Umwege. So gesehen ist es ein überflüssiges 
          Buch. Wäre es sein Erstlingswerk gewesen, jeder hätte es Mankell 
          mittlerweile nachgesehen. Jetzt aber muß es sich an einer ganzen 
          Phalanx äußerst beeindruckender Vorgänger messen und 
          da fällt es unweigerlich ab. Gleichwohl war dieses Buch notwenig. 
          Trotz seiner literarischen Kurzatmigkeit schließt es die letzte 
          Lücke des Wallander-Zyklus. Für seinen Entschluß zu 
          diesem Buch erhält Mankell meinen uneingeschränkten Applaus. 
          Dass er es dann leider so geschrieben hat, dafür erhält er 
          nicht mehr als zwei Punkte.
          
          Warten wir als auf neue Zeiten, warten wir auf Tochter Linda - und hoffen 
          wir auf einen dort gelegentlich als Statist auftretenden Kurt Wallander 
          ...
 "Wallanders 
          erster Fall und andere Erzählungen" von Henning Mankell
 "Wallanders 
          erster Fall und andere Erzählungen" von Henning Mankell|  |  HIER DIREKT BESTELLEN | 
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Kurt Wallanders scheinbar unscheinbarer Nachbar wird 
          erschossen. Kurz vor seinem Tod hat er noch Edelsteine geschluckt. Ein 
          Mann steigt in ein Taxi und verlässt es nicht mehr lebend. Der Tod eines 
          Fotografen gibt Rätsel auf. Eine zunächst unidentifizierbare Sportmaschine 
          stürzt ab, zwei harmlose Schwestern, die ein Handarbeitsgeschäft betreiben, 
          werden hingerichtet und Kurt Wallander muss seinen Vater aus dem ägyptischen 
          Gefängnis holen. In vier Kurzgeschichten (die bereits früher und an 
          anderer Stelle in Schweden veröffentlicht worden sind) und einem nahezu 
          ausgewachsenen Roman präsentiert Mankell uns den ganz jungen Polizeianwärter 
          Kurt Wallander: Wie er zur Mordkommission kommt, wie und warum er beinahe 
          erstochen wird und wie er und Mona sich kennengelernt haben. Mankell 
          arbeitet hier auf vielfachen Leserwunsch Wallanders Biografie auf und 
          füllt Lücken. Die letzte Geschichte, "Die Pyramide", knüpft nahtlos 
          an den ersten richtigen Wallander-Roman, "Mörder ohne Gesicht", an. 
          In "Die Pyramide" beweist Mankell gar humoristisches Talent, wenn er 
          von Wallanders Vater erzählt, der die Cheopspyramiden besteigen wollte 
          und deshalb im Gefängnis landet sowie von Wallanders Reise nach Ägypten, 
          um seinen Vater gegen Kaution auszulösen. Stärkste Geschichte ist aber 
          vielleicht die Episode "Der Mann mit der Maske". Die Erzählung weist 
          in nuce all jene psychologischen Beobachtungen auf, die die Wallander-Krimis 
          auszeichnen. Hier verdichtet Mankell die ganze Komplexität einer Lebens- 
          und Mordgeschichte zu einer eindrucksvollen Momentaufnahme.
          
          Dennoch sind die Erzählungen im Vergleich zu den Romanen um Kurt Wallander 
          schwach. Mankell schafft es - mit Ausnahme der oben genannten Erzählung 
          und "Die Pyramide" - in der Kürze nicht, all das zu transportieren, 
          was die Wallander-Krimis sonst auszeichnen: Atmosphärische Dichte, Spannung, 
          Entfaltung der Psyche von Tätern, Opfern und Polizei sowie die Reflexion 
          auf Zeit und Gesellschaft. "Wallanders erster Fall" ist eine leichte 
          Lektüre für laue Sommerabende oder faule Tage am Strand. Sie strengt 
          nicht an, ist nett zu lesen und mal mehr, mal weniger unterhaltsam - 
          aber unverzichtbar für alle Wallander-Fans, die ihre Sammlung komplettieren 
          wollen.
 "Die Brandmauer" 
          von Henning Mankell
 "Die Brandmauer" 
          von Henning Mankell|  |  HIER DIREKT BESTELLEN | 
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Es passiert ja nicht oft - aber manchmal begegne ich 
          Büchern, von denen muß ich mich erstmal erholen. Dies 
          ist so ein Buch. Ab und zu mußte ich mich zur Unterbrechung 
          der Lektüre zwingen, um Atem zu schöpfen, um mir ein paar 
          Stunden Schlaf zu erhalten, um nicht von diesem mächtigen Sog aus 
          Spannung und Beklemmung hinabgewirbelt zu werden. Und als die Lektüre 
          schließlich beendet war, tat mir sogleich das Buch leid, was als 
          nächstes auf meinem Bücherstapel liegt: es hat keine Chance. 
          Worum geht's? Dem alternden Kommissar Kurt Wallander wächst die 
          Welt allmählich über den Kopf. Die zu lösenden Fälle 
          schienen immer menschenverachtender, immer bizarrer zu werden: zwei 
          Mädchen im Teenie-Alter berauben einen älteren Taxifahrer 
          und verletzen ihn dabei tödlich. Die Brutalität ihres Vorgehens 
          und ihre kühle Gleichmut gegenüber ihrem Opfer empfindet der 
          schockierte Wallander als eine neue Dimension der Alltagskriminalität. 
          Vor einem Geldautomat in Ystad wird ein Computerfachmann tot aufgefunden. 
          Nach einer ersten Autopsie deutet alles auf eine natürliche Todesursache 
          hin. Alles paletti, so scheint es. Einer der beiden Teenie-Mörderinnen 
          gelingt die Flucht aus dem Untersuchungsgefängnis. Wenig später 
          wird ihre verkohlte Leiche in einem Transformatorenhäuschen des 
          lokalen Stromversorgungsunternehmens entdeckt: der tote Körper 
          hatte einen Kurzschluß ausgelöst und damit zu einem Stromausfall 
          in der gesamten Provinz Schonen geführt. Kurze Zeit danach verschwindet 
          die Leiche des Computerspezis aus dem Leichenschauhaus - statt ihrer 
          liegt ein Relaismodul aus der lahmgelegten Transformatorenstation auf 
          der Bahre. Aber auch die Leiche taucht bald wieder auf - wieder an ihrem 
          ursprünglichen Fundort, allerdings diesmal entkleidet und ohne 
          zwei abgetrennte Finger. Wallander und sein Team folgen den Berührungslinien 
          der beiden Fälle und sie stoßen schon bald auf eine bislang 
          eher periphere Bühne kriminellen Handelns, denn der Hardwarepark 
          des toten PC-Cracks scheint es in sich zu haben. Die Polizeibeamten 
          in Ystad mögen gestandene Ordnungshüter sein - PC-Fachleute 
          sind sie nicht grade und Wallander ist dies schon gar nicht. Immerhin 
          weiß er sich kompetente Hilfe heranzuschaffen: am Rande der Legalität 
          zieht er ein junges Hacker-Genie namens Modin hinzu und der macht sich 
          auch sogleich ans Werk. Es gelingt ihm tatsächlich, die ersten 
          virtuellen Abschirmungen zu durchbrechen und bald ahnen er und Wallander 
          die Existenz einer gigantischen Verschwörung im Cyberspace, die 
          augenscheinlich bereits in naher Zukunft einen Netzangriff gegen internationale 
          Finanzzentren plant. Doch während die Ermittler fieberhaft Näheres 
          über die bevorstehende Apokalypse in Erfahrung zu bringen suchen, 
          ist Modins Eindringen in die geheimen Datennetze nicht unbemerkt geblieben 
          ...
          
          Genug, ich muß es bei diesem wirr anmutenden Wurf abstrus-beklemmender 
          Vorfälle bewenden lassen. Sie im Laufe der Lektüre zu ordnen 
          - das soll dem Leser vorbehalten bleiben. Aber das Buch ist ja viel 
          mehr als eine ausgewalzte Version der soeben gelesenen unvollständigen 
          Inhaltsangabe. Zunächst einmal nimmt dieses dem Leser fast schon 
          physisch den Atem. Mankells Stil spiegelt Hektik und Stress der Tagesarbeit 
          eines bereits über die Grenzen des Zumutbaren belasteten Polizeiapparates. 
          Die Versuche der Akteure, sich eine Art Privatleben zu erhalten, werden 
          immer wieder erschlagen von den über sie hereinbrechenden Ereignissen 
          mit ihren vielfältigen Aufgaben und Pflichten im Gefolge. Ein weiteres 
          Merkmal dieses Buches ist die Monstrosität seines Inhalts. Sicher, 
          so mancher hat apokalyptische Weltvernichtungsphantasien literarisch 
          auszuschlachten versucht - aber keiner meint es offensichtlich so bitter 
          ernst wie Mankell. Die bunte, quirlige Flash-Oberfläche unserer 
          heutigen Webwelt ist nur eine Seite der Medaille - die andere Seite 
          ist ihre offenliegende Verwundbarkeit. Computergesteuerte Zentren des 
          Alltags als Objekt der Begierde krimineller Syndikate - am Ende stünde 
          ein Alptraum. Und in die Grenzschatten eines solchen Alptraums führt 
          Mankell den Leser. Auf seinem Wege begegnet eben dieser Leser befremdlichen 
          Magiern des Cyberspace mit ihrer Menschenverachtung, ihren Schnurren 
          und ihrer abgedrehten Hybris. Ihr Bestreben ist das Durchlöchern 
          der virtuellen Brandmauern des Gegners.
          
          Brandmauern?
          
          Na klar - fast jeder weiß doch heute so ungefähr, was eine 
          Firewall ist. Die Brandmauern des einzelnen im gesellschaftlichen Zusammenleben 
          sind dagegen längst durchlöchert. Gefühlskälte, 
          exzessive Gewalt, erwachsen aus Gier, Neid und Eitelkeit sind längst 
          auch über die einstmals idyllische Provinz Schonen hereingebrochen 
          und diese Zeichen der Zeit sind es, die Wallander an den Rand der Berufsunfähigkeit 
          drängen. Immer deutlicher empfindet er sich als ein leidlich erfolgreiches 
          Fossil in einer Welt, dessen kriminelle Ströme sich immer dreister 
          und unverfrorener immer neue, innovative Kanäle suchen. Zwar denkt 
          er nicht mehr daran, den Dienst vorzeitig zu verlassen, doch als gleichwertiger, 
          ernstzunehmender Gegner dieser medienversierten Gauner sieht er sich 
          immer weniger. Da mutet es zumindest tröstlich an, vom Entschluß 
          Lindas, Wallanders Tochter, zu hören: sie hat sich nach einigem 
          Hin und her für die Polizeilaufbahn entschieden. Das vorliegende 
          Buch soll ja der letzte Wallander-Roman sein, so äußert sich 
          Mankell in diversen Interviews. So sehr ich das bedaure (und so sehr 
          ich auch insgeheim hoffe, dass er sich das nochmal überlegt), kann 
          ich es wiederum gut verstehen: mit diesem Buch hat Mankell seiner berühmt 
          gewordenen Figur ein kaum mehr zu überbietendes Denkmal gesetzt.