|  "Mag 
          der Sturm kommen" von Leena Lander
Das Buch erstreckt sich über 377 Seiten eingeteilt in 4 etwa gleich 
        lange Abschnitte, hier angelehnt an die Tiefebenen im Erzbergbau, Sohlen 
        genannt. Den 4 Sohlen ist ein Prolog vorangestellt, dessen Bedeutung sich 
        im Laufe der Handlung nach und nach erschliesst und der sich liest wie 
        der Auftakt zu einem spannenden Thriller.
 Der Roman findet in 2 Zeitebenen statt, Mitte der 90er Jahre und in 
          der zweiten Hälfte der 30er Jahre bis in die 40er Jahre des 20. 
          Jahrhunderts. Das Kernstück des Romans spielt in den 30er Jahren. 
          Zu der Zeit hatten die Menschen in Finnland die blutigen Ereignisse 
          des Bürgerkrieges von 1918, kurz nach der Selbständigkeitserklärung 
          Finnlands, noch in frischer Erinnerung. Den Sieg in dieser Auseinandersetzung 
          errang die (legale) Regierung mit deutscher Hilfe. Dieser Bürgerkrieg 
          und dessen Nachwehen, vor allem der Terror durch die Lapuabewegung, 
          führten in Finnland zu einer Atmosphäre der Angst, zu einer 
          Traumatisierung und zu einer Aufspaltung der finnischen Gesellschaft. 
          "Mag der Sturm kommen" bildet mit "Die Insel der schwarzen 
          Schmetterlinge" und "Im Sommerhaus" eine lose Trilogie, 
          jedoch funktioniert jedes der Bücher sehr gut für sich allein.
 Zum Inhalt:Die Journalistin Iiris Lehto, in den 30ern, stellt nach 13 Jahren Ehe 
          fest, dass ihr Mann sie betrügt. Um Abstand zu gewinnen fährt 
          sie in den alten Bergbauort Olkikumpu, in dem ihre Grosseltern begraben 
          liegen. Dort stösst sie auf ein altes Familiengeheimnis: die Affäre 
          ihrer Grossmutter Vida mit einem Fremden und den Tod eines Kindes genau 
          an dem Tag, als ein zweites geboren wurde. Neugierig geworden recherchiert 
          Iiris Lehto. Wie kam das Kind ums Leben, wer trägt die Schuld? 
          Wer war der Mann, mit dem die Grossmutter eine Affäre hatte und 
          was geschah mit ihm? Durch ihre Recherche anhand von Dokumenten und 
          Gesprächen mit Zeitzeugen erfährt Iris Lehto (und mit ihr 
          der Leser) nach und nach alles über die Umstände der Geschehnisse 
          und ganz nebenbei sehr viel über die Zeit, den Zeitgeist, die Lebensumstände 
          und das Lebensgefühl in diesen Jahren in Finnland. Spannend ist 
          dabei nicht nur die Auflösung des "Falles".
 
 Gewaltig die Sprache mit der Leena Lander Bilder eines extremen Landes 
          und ein starkes Lebensgefühl, beispielsweise anhand von Vida, heraufbeschwört; 
          verschwenderisch, ja, poetisch, in den Dialogen auch sehr direkt, ohne 
          Umschweife. Personen werden mit Wärme beschrieben, sind lebendig, 
          nachvollziehbar und menschlich. Sind niemals eindimensional, haben ihre 
          Fehler, werden jedoch nicht verurteilt. Werden differenziert gezeichnet, 
          ohne erhobenen Zeigefinger.
 
 "Mag der Sturm kommen" ist ein Buch, das den Leser fordert, 
          der von der Geschichte in den Bann gezogen wird. Das Buch hat eine Faszination, 
          einmal aufgrund der Geschichte selbst, einem kunstvollen dramatischen 
          Flechtwerk aus heutiger und vergangener Zeit, Liebe, Tod, Schuld und 
          Verhängnis. Die Geschichte wird dem Leser immer unvergessen bleiben. 
          Zum anderen aufgrund der Sprache. Ein rätselhaftes, ja mystisches 
          Buch, das nicht in die vielbeschworene Melancholie Skandinaviens verfällt. 
          Das dem Leser immer wieder erlaubt aufzuatmen.
 
 
 
                  
 
                    | Buchtipp |  
                    |  |   Ein Vergleich zu diesem Buch fällt schwer, von der Stimmung her 
          ist es vielleicht mit Kerstin Ekmanns "Geschehnisse am Wasser" 
          vergleichbar. Ansonsten denke ich (ich gebe zu, das ist etwas ungewöhnlich) 
          an Björk, besser gesagt, ihre Erscheinung im Lars von Trier Film 
          "Dancer in the dark". "Mag der Sturm kommen" ist 
          ein Roman der Gegenwartsliteratur, ausschweifender als ein Krimi, der 
          sich dennoch wie ein solcher liest. Ein Buch, dass ich allen ans Herz 
          legen möchte, die eine wirklich gut erzählte, spannende, dramatische 
          Geschichte ohne viel Action schätzen. Mich hat das Buch tief berührt.Vielen Dank an Hannelore © Mai 2004 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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